Donnerstag, 6. Juli 2017

Langzeitstudie: Fernsehwerbung macht Kinder übergewichtig

Christiane Jurczik

Die europaweite Studie "I.Family" hat 16.000 Kinder in acht europäischen Ländern über fünf Jahre wissenschaftlich begleitet. So wurde auch entdeckt, dass es viele Einflüsse auf das Gewicht der Kinder gibt, die die Familien allein nicht kontrollieren können. Die Wissenschaftler sehen hier die Politik in der Pflicht.

Der Anteil an übergewichtigen Kindern in Europa ist sehr unterschiedlich verteilt. In Süditalien sind beispielsweise 40 Prozent der Kinder zu dick, in Schweden oder Belgien sind es nur 10 Prozent. Deutschland liegt im Mittelfeld. Untersucht wurden dabei Gesundheitszustand, Ernährungsverhalten, körperliche Fitness, lokale Umgebung sowie die Einflüsse des Freundeskreises und der eigenen Familie auf die Kinder. An I.Family beteiligt waren 17 Forschungseinrichtungen in 12 Ländern. Koordiniert wurde I.Family vom BIPS und der Universität Bremen.

Einer der stärksten Einflussfaktoren neben Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten ist der soziale Stand der Familie, ganz gleich in welchem Land.

Studienkoordinator Wolfgang Ahrens sagt: „Ein weiteres Feld, auf dem die Politik handeln muss, ist die auf Kinder als Konsumenten abzielende Werbung für ungesundes Essen mit viel Zucker und Fett. Diese Werbung – etwa im Fernsehen – ist sehr verbreitet und hat großen Einfluss auf Kinder, so dass es sogar für sehr gesundheitsbewusste Eltern schwer ist, den Konsum dieser Nahrungsmittel einzuschränken“.

Die wichtigsten Ergebnisse:

- Der sozio-ökonomische Status hat großen Einfluss auf die Anteile für Übergewicht/Fettleibigkeit.

- Im Rahmen der mehrjährigen Studie konnte festgestellt werden, dass etwa doppelt so viele Kinder mit niedrigem oder mittlerem sozio-ökonomischen Status im Laufe des Heranwachsens übergewichtig wurden, als Kinder mit hohem sozio-ökonomischen Status.

- Mädchen sind häufiger übergewichtig als Jungen.

- Weniger als ein Drittel der Kinder sind sportlich aktiv.

- Kinder, die TV-Werbung konsumieren, konsumieren auch häufiger gezuckerte Getränke, unabhängig von den Normen der Eltern oder der täglichen Dauer des Fernsehens.

- Fernsehen während des Essens, ein TV-Gerät im Kinderzimmer sowie Fernsehkonsum von mehr als 1 Stunde pro Tag sind Faktoren, welche die Wahrscheinlichkeit für Übergewicht deutlich erhöhen.

- Die Mitglieder einer Familie ähneln sich bei Körpergewicht, ebenso bei Risiken für Krankheiten und dem Ernährungsverhalten. Kinder ähneln dabei mehr ihren Müttern als den Vätern.

- Das Körpergewicht von Kindern und Teenagern hängt mit dem Körpergewicht der Individuen im Freundeskreis zusammen. Teenager greifen mit höherer Wahrscheinlichkeit zu ungesundem Essen, wenn es auch der Freundeskreis tut.

Politik soll eingreifen

Wolfgang Ahrens fordert daher eine stärkere Reglementierung von speziell auf Kinder zugeschnittener Reklame. Die freiwilligen Selbstverpflichtungen für verantwortungsvollere Werbung seitens der Industrie wirkten nicht. Der gleichen Meinung ist auch die Verbraucherorganisation Foodwatch. Dass die Werbung das Essverhalten von Kindern stark beeinflusst, konnten die Forscher eindeutig in ihrer Studie belegen. Kinder greifen demnach häufiger zu Softdrinks und süßen oder fetten Speisen, wenn sie zuvor Werbung angeschaut haben - und zwar auch dann, wenn ihre Eltern das eigentlich verbieten. Und sie nehmen sogar Essen zu sich, das sie eigentlich nicht mögen, bloß weil sie die Werbung dafür gesehen haben.

Eltern sollten zum Beispiel den Fernseher aus dem Zimmer ihrer Kinder verbannen. Und selbst auch nicht so viel schauen, denn sie haben eine Vorbildfunktion.

Mit Zahlenangaben des Leibniz-Institut und MDR Wissen


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